Streit: Was tun bei emotionaler Überflutung?

Streit und emotionale Überflutung

Paare, die miteinander streiten, erleben oft eine emotionale Überflutung in ihrem Gehirn. Das Gehirn wird bei einem Streit mit so vielen Informationen und Impulsen gefüttert, dass wir nicht mehr dazu imstande sind diese zu verarbeiten und gleichzeitig zuzuhören. Bei  emotionaler Überflutung sehen wir rot  bzw. schwarz und können einfach nicht mehr dem Gespräch folgen. 

Der Puls der überfluteten Person liegt im Streit über 100 Schlägen pro Minute. Wir fühlen uns bei einer Überflutung attackiert und reagieren auf die Attacke entweder mit Flucht oder Kampf.

Flucht oder Kampf im Streit?

Evolutionshistorisch gesehen ist emotionale Überflutung bei Männern "normal", da sie gefährlichen Situationen sich auf das Wesentliche konzentriert haben. Und zwar auf das Überleben ihrer Familie.

Die Reaktionen auf Überflutung sind entweder Angriff oder "Shut-Down", d.h. das kein Aufnehmen von Informationen mehr möglich ist. Das gilt auch für zuhören.

Woran kann ich erkennen ob ich oder wir überflutet sind?

Überflutete Menschen

  • können Informationen nicht mehr aufnehmen und verarbeiten
  • hören nicht mehr so gut
  • sind weniger bzw. gar nicht mehr empathisch
  • haben  in diesem Moment keinen Sinn für Humor
  • verlieren die Perspektive / die Relationen
  • wiederholen sich ständig.

 

Was kann ich bei Überflutung tun?

In Konfliktssituationen ist die Überflutung eine Kennzeichen, dass wir auf das Schlimmste gefasst sind. Dies erklärt, warum es bei Überflutung wenig Sinn macht weiter zu reden bzw. nach Lösungen zu suchen.

Zuerst muss ich mich aus der Situation herausnehmen. Der Streit braucht Zeit um abzukühlen. Ich brauche Zeit um neue Perspektiven sehen zu können.

Persönlich erleben wir eine Überflutung wie eine Eskalationsstufe in der wir unüberlegt reagieren und eskalieren, um aus dem Konflikt rauszukommen.

Wie lange dauert eine Überflutung?

Solange der Konflikt andauert, wird auch die Überflutung angeheizt bzw. gefüttert. Um aus einer Überflutungs-Situation herauszukommen, brauchen wir mindestens 20 Minuten. Für streitende Paare bedeutet dies, das der Konflikt unterbrochen werden muss und bestimmte Beruhigungsübungen stattfinden sollten, bevor das Gespräch fortgesetzt wird.

Beruhigungsübungen helfen gegen Überflutung

John Gottman ein amerikanischer Beziehungsforscher hat hierzu Beruhigungsübungen konzipiert. Im Prinzip geht es bei Beruhigungsübungen darum sich aus dem Rennen zu nehmen und an etwas anderes zu denken. Eine örtliche Veränderung kann auch helfen. Am wichtigsten ist es jedoch nicht an den Konflikt oder die Person zu denken, mit der wir den Konflikt haben.

Dabei ist es wichtig zu unterscheiden zwischen Überflutung und Ärger. Nicht jeder Ärger ist eine Überflutung.

Einige Beruhigungsübungen

  • Ein Buch / eine Zeitung lesen (Ablenkung)
  • Spazieren gehen: Am besten alleine, da die Anwesenheit einer anderen Person entweder den Konflikt wieder anheizt oder durch Erzählungen am Leben hält.
  • Was ganz was anderes machen: mir hilft es hier laufen zu gehen oder einen Podcast zu hören.
  • Meditieren

Wie geht es weiter mit dem Streit?

Wenn Du es geschafft hast die Überflutung nach mehr als 20 Minuten zu überwinden, ist die Ausgangslage wie ein "reset". Das Konfliktniveau ist wieder auf Null gestellt und Ihr könnt beide - im Unterschied zu vorher - wieder zuhören.

Was tue ich wenn es ständig zu einer Überflutung kommt?

Ihr streitet euch immer wieder über dieselben Themen und kommt auf keinen grünen Zweig? Selbst wenn ihr die Ratschläge von oben befolgt geht es nach kurzer Zeit wieder in die gleiche Richtung? 

Dann sehe ich zwei Möglichkeiten, wie ihr die Überflutung überwinden könnt. 

1. Lösungsansatz - Konstruktive Kommunikation durch Kommunikationswerkzeuge

Ich habe 7 verschiedene Kommunikationswerkzeuge entwickelt. die eingesetzt werde können - je nachdem

  • wo ihr gerade miteinander hängt,
  • um welches Thema es geht oder
  • welche Lebensphase gerade schwierig ist. 

Stelle Dir vorab die Frage was Du gerne ändern würdest in Eurem Konfliktverhalten: 

A. Er/Sie hört Dir nicht zu? Dann braucht es klare Regeln der Kommunikation. Hier hilft das Kommunikationswerkzeug Aktives Zuhören euch weiter.

B. Er/Sie versteht Dich nicht? Dann geht es um Entschlüsseln und um klare Gesprächsregeln

C. Euch fehlt die gemeinsame Perspektive / gemeinsame Interessen? Dann beantwortet miteinander 20 Fragen (Beziehungsreise) , die ihr Euch aus 170 verschiedenen Beziehungskarten aussucht. 

2. Lösungsansatz - Hilfe von außen 

Wenn alle obigen Vorschläge nicht passen bzw. nicht funktioniert haben, dann ist es Zeit sich Hilfe von außen zu holen. Dies kann ein/e Mediator/in sein, bzw. ein/e Paartherapeut/in.

Wie kann uns ein Mediator helfen?

Wenn es um gemeinsame Regelungen und Lösungen geht unterstützt ein Mediator Paare dabei einander zuzuhören und miteinander Lösungen für wiederkehrende Streitsituationen zu finden. 

Wie hilft uns ein Paartherapeut? 

Sobald klar ist, dass es z.B. um Themen aus der eigenen Kindheit geht bzw. um Konfliktsituationen bei denen es zu Grenzüberschreitungen kommt, ist eine Paarberatung hilfreich. 

Während es bei der Mediation um unmittelbar anwendbare Lösungen geht, versucht ein Paartherapeut in einzelnen und / gemeinsam Therapiesitzungen herauszufinden, warum es zu den Eskalationen und den Überflutungssituationen kommt.